Frauenpolitischer Abend mit Anna Peters

Unter dem Motto „Frauen in der Kommunalpolitik – warum man(n) uns braucht und was wir bewirken können“ lud der Emmendinger Kreisverband der Grünen kürzlich zu einem frauenpolitischen Abend im „Haus zum Engel“ ein, um anlässlich des internationalen Frauentags die Möglichkeiten und Chancen weiblichen Engagements in der Kommunalpolitik zu diskutieren.
Es fanden sich überwiegend Frauen zusammen, die bereits ein politisches Amt im Landkreis ausüben oder ausgeübt haben, darunter Kreistagsabgeordnete sowie mehrere Gemeinde- und Ortschaftsrätinnen. Als Gast stieß außerdem die gebürtige Freiburgerin Anna Peters hinzu, frauenpolitische Sprecherin im Landesvorstand von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg, die von Hanna Heicke, Kreisvorstand der Grünen, begrüßt wurde. Auch schriftliche Grußworte vom grünen Landtagsabgeordneten Alexander Schoch wurden verlesen, der gute Gespräche wünschte und anerkannte, dass eine größere weibliche Präsenz in kommunaler Politik wünschenswert sei und zu einem positiven Wandel der politischen Kultur beitragen könnte.
Im Vorfeld der eigentlichen Diskussion lenkten die Anwesenden ihre Aufmerksamkeit auf statistische Zahlen zum Frauenanteil in politischen Gremien des Landkreises und stellten dabei einen weiterhin bestehenden Nachholbedarf fest. Diese Feststellung bestätigte sich ebenfalls durch Statistiken, die Anna Peters mitgebracht hatte und vortrug. „Diese Zahlen machen wütend, sie motivieren aber auch“, kündigte sie an. Demnach habe sich der Frauenanteil im Emmendinger Kreistag die letzten Jahrzehnte nur schleppend verbessert und bewege sich noch heute auf einem geringen Niveau. Auch eine deutliche männliche Dominanz in regionalen und überregionalen Zeitungschefredaktionen kam zur Sprache, was insofern problematisch sei, da Themenauswahl mitunter geschlechterabhängig erfolge. Es folgte ein Plädoyer für eine Frauenquote in der Politik, da nur so der sogenannte Mini-Me-Effekt überwunden werden könnten, d.h. dass Posten innerhalb von Netzwerken aus i.d.R. männlichen Vertrauten vergeben werden.
Die darauffolgende Diskussionsrunde kam angesichts dessen rasch zur Erkenntnis, dass die Zusammenarbeit mit anderen Frauen gegen derartige etablierte „Männerbündnisse“ auch über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg zielführend sein kann. Peters wies in diesem Zusammenhang auf den Film „Die Unbeugsamen“ hin, der dies eindrücklich am Beispiel der Frauen der Bonner Republik zeige. Die Entscheidung zum kommunalpolitischen Engagement könne dennoch als Hürde erscheinen, die frau nehmen müsse, um „die eigene Lebenswelt zu vermitteln“, so die erfahrenen Kommunalpolitikerinnen der Runde. Auch andere Hürden, wie nachmittägliche Kreistagssitzungen oder mitternächtliche Gemeinderatssitzungen wurden kritisiert, da diese nicht nur für Familien schwer in den Alltag zu integrieren seien.
Der gegenseitige Austausch behandelte jedoch nicht nur Probleme des kommunalpolitischen Engagements als Frau, sondern auch allgemeine negative Erfahrungen, die der Motivation Dämpfer versetze. Darunter fielen sowohl Anfeindungen aufgrund der eigenen Parteizugehörigkeit, aber auch Probleme mit festgefahrenen kommunalpolitischen Strukturen, die Veränderungen nur schwer oder gar nicht zuließen. Manche der anwesenden Frauen gaben zu, bereits kandidiert oder ein Amt inne zu haben, aufgrund derartiger Erfahrungen sich aber nicht erneut zur Wahl stellen zu wollen oder hohe Listenplätze zu scheuen. Andere steuerten ihre Tipps und positive Erfahrungen bei und hielten dazu an, „durchzuhalten“ und auf langfristige Veränderungen hinzuarbeiten. „Wenn es keiner macht, wie soll sich dann etwas verändern“, war eines der Argumente.
Die Anwesenden fragten sich daran anschließend, auf welchen Wegen Frauen für die Kommunalpolitik dennoch gewonnen werden könnten. Weniger könne man dies über die sogenannten „Frauenthemen“ erreichen, war man sich einig, für die sich frau nicht automatisch interessiere. Ein größeres Potenzial versprächen dagegen die Annäherung über Landfrauen- oder andere Vereine. Peters schlug außerdem vor, Frauen bestimmter Klientel anzusprechen, etwa Frauen in handwerklichen Berufen, die über den politischen Weg noch viele Verbesserungen für ihre Situation erreichen könnten.
Auch die Anwerbung junger Frauen in die Kommunalpolitik war Thema der Diskussion, wobei angemerkt wurde, dass es zwar viele zugezogene junge Familien gebe, diese aber oft überbelastet wären und daher vor politischem Engagement zurückschreckten. Dagegen würden junge Frauen nach dem Schulabschluss häufig aus der Region wegziehen und gingen dadurch für die hiesige Kommunalpolitik verloren. Schließlich äußerte sich auch die Befürchtung, dass sich junge Frauen durch erlebbare Reduktion auf Äußeres, dem prominente Politikerinnen auch heute noch ausgesetzt seien, von politischem Engagement abgeschreckt fühlten. Die Runde war sich daher einig, dass man auf junge Frauen zugehen, sie über die Möglichkeiten und Chancen kommunalpolitischen Engagements aufklären und neuen Kommunalpolitikerinnen mit dem Rat und der Erfahrung der alten zur Seite stehen sollte. So könnten erste Anstöße hin zu der anfangs angeregten Vernetzung losgetreten werden.
Den Abschluss des Abends begann Heicke mit dem Margaret-Thatcher-Zitat „Wenn Sie in der Politik etwas gesagt haben wollen, fragen Sie einen Mann. Wenn Sie etwas getan haben wollen, fragen Sie eine Frau.“ Peters wies darüber hinaus ein letztes Mal auf die Relevanz des frauenpolitischen Engagements mit Blick auf die im nächsten Jahr anstehenden Kommunalwahlen hin und erinnerte: „Es wird gewählt!“