Das war unser 13. Politischer Aschermittwoch in der Emmendinger Steinhalle!

Es blieb ruhig vor der Emmendinger Steinhalle am Aschermittwochabend: Nachdem am Vormittag der Politische Aschermittwoch der Grünen in Biberach wegen einer Blockade des Veranstaltungsorts durch teilweise gewaltbereite Störer abgesagt werden musste, kam es in Emmendingen glücklicherweise zu keinerlei Beeinträchtigungen der Veranstaltung.

Der 13. Politische Aschermittwoch des Emmendinger Kreisverbands der Grünen stand ganz im Zeichen der anstehenden Europawahl: Neben dem Landtagsabgeordneten Alexander Schoch konnte Terry Reintke als Rednerin gewonnen werden, die Spitzenkandidatin der deutschen und europäischen Grünen zur Europawahl, sowie Anna Peters, ebenfalls aussichtsreiche Kandidatin aus dem Kreis Emmendingen.

Die Ruhe vor der Halle stand im Kontrast zum regen Besuch in der Steinhalle selbst: Rund 200 Gäste durften Rüdiger Tonojan und Hanna Heicke begrüßen, die als Vorstandsmitglieder des Emmendinger Kreisverbands durch den Abend führten. Rüdiger Tonojan fragte sich in seinen einleitenden Worten, ob die Welt im letzten Jahr besser oder schlechter geworden sei: Eine Antwort auf diese Frage sei angesichts der vielfältigen Krisen nicht einfach; Mut und Hoffnung schöpfte er aber aus den großen Demonstrationen für die Demokratie, und dankte den vielen Menschen, die sich zur kommenden Kommunalwahl aufstellen lassen. Als daraufhin alle diejenigen aufgerufen wurden, die zur Kommunalwahl kandidieren, machte sich erfreulicherweise beinahe der halbe Saal für ein Gruppenfoto auf den Weg zur Bühne.

Für ein erstes Grußwort kam Elisabeth Schilli auf die Bühne, die nicht nur Kreisvorsitzender im benachbarten Kreisverband Ortenau ist, sondern als Mitglied des Landesvorstands auch zuständig für den hiesigen Kreisverband. In ihrer Rede kam sie zuerst auf den abgesagten Politischen Aschermittwoch in Biberach zu sprechen, und betonte, wie wichtig es sei, solche Veranstaltungen trotzdem durchzuführen. Als Grüne dürfe man nicht vor den Rechten kapitulieren, der närrische Spruch „´S goht dagege!“ könne in der Demokratie nur bedeuten: Gegen den Faschismus.

Alexander Schoch, der als Landtagsabgeordneter der nächste Redner war, freute sich, dass sich der Politische Aschermittwoch als „kultiges Event“ so gut etabliert habe. Er dankte den Narren und Zünften im Land für ihr großes Engagement, ohne welches es die ganzen Fasnetsveranstaltungen und Umzüge nicht geben könne.
Der Politische Aschermittwoch in Emmendingen könne eher die leisen Töne, im Gegensatz zu Friedrich Merz, der als Rumpelstilzchen agiere, das nichts davon wissen wolle, dass die CDU die Energiewende und den Klimaschutz 16 Jahre lang ausgebremst hätten. Die Ampelkoalition bezeichnete er hingegen als Zweckbündnis mit eingebautem Konfliktpotential – wie in der Liebe seien Dreieckskonstellationen sehr schwer zu leben. Vor allem die FDP sei hier von stetiger Eifersucht geplagt in der Angst, dass das „gelbe Licht erlöschen“ könnte. Schoch zeigte sich erstaunt, dass gerade der Bundeslandwirtschaftsminister, der in aktuelle Entscheidungen überhaupt nicht eingebunden war, für Fehler aus der Zeit der CDU-Regierung verantwortlich gemacht werde. Die Verkehrswende werde gebremst, da Verkehrsminister Wissings Markenzeichen Bummelei, Verspätung und eine marode Infrastruktur der Bahn seinen. Auch wir in Südbaden würden das Bahnchaos zu spüren bekommen – wenn die Rheintalstrecke für den Ausbau sechs Jahre lang gesperrt werden solle. Ob Südbaden ganz vom Bund abgehängt werden solle, weil es zu revolutionär sei, zu nachhaltig und zu grün?
Die Demonstrationen für die Demokratie bewegten ihn sehr, so Schoch – und in diesem Sinne seien ihm richtungsweisende Botschaften wichtiger als derbe Sprüche. Mit Blick auf die kommenden Wahlen stellte er die Bedeutung des „Europas der Regionen und Kommunen“ in den Vordergrund, das für Demokratie und Völkerverständigung stehe – jetzt würden wir hautnah erleben, wie wichtig es sei, diese Demokratie gemeinsam gegen den Populismus zu verteidigen, und lud alle dazu ein, bei den Kommunal- und Europawahlen für eine soziale, ökologische Politik einzustehen.

Als nächstes kam Anna Peters auf die Bühne, die von Hanna Heicke als langjährige überzeugte Europäerin und als aussichtsreiche Europakandidatin aus dem Kreis Emmendingen vorgestellt wurde. Auch Anna Peters sprach die Geschehnisse in Biberach an – diese würden zeigen, wie gefährdet die Demokratie sei, und wie wichtig auch politisches Engagement gerade heute sei. An die Randalierer und Antidemokraten in Biberach sagte sie: Wer Menschen derart Angst mache und bedrohe, der sei kein Demokrat mehr. Für alle Demokraten müsse es heißen, die Demokratie zu verteidigen – in den Kreisräten, in den Gemeinderäten, und in Europa.
In ihrer Rede zeigte sie, dass ihr „badischer Humor“ in ihren Jahren in Berlin nicht gelitten habe. Angesichts der Rednerliste fragte sie sich, ob die Frauen bei den Grünen bereits alle Macht übernommen habe. Sie lobte Außenministerin Baerbock, die Antidemokraten die Stirn bieten würde, und die Umweltministerin Thekla Walker, die für das ambitionierteste Klimaschutzgesetz verantwortlich sei. Sie kritisierte die CDU, die sich wie jetzt in Hessen nur um „Gendergaga“ kümmern würde, nachdem sie bereits scheinbar sämtliche Probleme der Welt gelöst hätte. Ob es da nicht wichtigere gäbe?
Wie zum Beispiel ihr Hauptthema zur Europawahl, die feministische Finanzpolitik – so sollten Frauen ermöglicht werden, sich selbständig zu machen, und klassische Frauenberufe besser bezahlt werden. Sie amüsierte sich über die CDU, die in der Wirtschaftspolitik vergessen hätten, dass sie bis 2021 selber für all das zuständig gewesen seien, was heute kritisiert würde, und freute sich, das Robert Habeck bereits persönlich bei ihr zu Hause gewesen sei, um sich um die Heizung und den tropfenden Wasserhahn zu kümmern – solch ein Engagement wünschte sie sich von Friedrich Merz und Christian Lindner.
Als eines ihrer Lieblingsthemen sprach sie die europäische Steuerpolitik an. Sie liebe Steuern – vor allem, wenn man es von den Superreichen nehme, die von Sonderregelungen im Steuersystem profitierten. Hierdurch würden jährlich 7,5 Milliarden Euro verloren gehen – hiermit könnte man vielen Kindern ein Leben in Würde ermöglichen und viel erreichen im europäischen Bildungssystem. Doch auch hier blockiere die FDP viele sinnvolle Gesetze, um nach langen Verhandlungen endlich unter die 5-Prozent-Hürde zu gelangen – leider würde dieses Bremsen auf Kosten der Menschen im Land und unserer Wirtschaft gehen.
Auch die AfD und der Kampf für eine offene Gesellschaft kamen bei Anna Peters zur Sprache: Die AfD wollte zwar auch im europäischen Parlament stärker werden – um dieses dann abzuschaffen. Sie wolle den deutschen Austritt aus der EU – und würde damit einen großen Teil der Wirtschaftskraft verlieren. Sie wolle alle Subventionen abschaffen – und damit auch den Landwirten und grünen Projekten ein Ende bereiten. Europa dagegen sei der Beweis dafür, dass Solidarität besser funktioniert, wenn man gemeinsam anpacke. Das wolle sie auch im Europawahlkampf zeigen – dass jeder Tag zähle, um sich für ein freies, demokratisches Europa stark zu machen.

Dass Europa und vor allem sein Bahnsystem noch nicht perfekt seien, bemerkte Rüdiger Tonojan, als er die nächste Rednerin ankündigte: Terry Reintke, Co-Fraktionssprecherin im Europaparlament, war direkt aus Brüssel nach Emmendingen gekommen, und musste wegen eines ausgefallenen Zuges über Paris ausweichen. Reintke knüpfte hier direkt an: Sie würde – statt eine schwarze Null zu erreichen – eher in die Zukunft investieren und wünschte sich lieber „ein funktionierendes Bahnsystem als eine glückliche FDP“.
In ihrer Rede sprach sie „drei unangenehme Wahrheiten in der Politik“ an: Klimaschutzziele alleine würden nicht ausreichen, man müsse endlich auch „an die Butter ran“ und in die Zukunft investieren. Die Konservativen im EU-Parlament würden aktuell aber eher den Rückwärtsgang einlegen – wir dürften aber kein Freilichtmuseum rückwärtsgewandter Technologie werden.

Als zweites sprach sie die Freiheit in der EU an: Sie kritisierte, kein Tempolimit zu haben sei nicht das alleinige Maß der Freiheit in einem Land – ansonsten gäbe es außer Deutschland keine freien Länder mehr. Was Freiheit aber wirklich bedeute, sähe man am Beispiel Ungarns, wo die Pressefreiheit in den letzten Jahren stark eingeschränkt wurde. Diese Freiheit, die in Ungarn eingeschränkt wurde, sei die Freiheit, für die dieses Jahr gekämpft werden müsse – nicht zuletzt, weil Victor Orban Ungarn vom Eurovision Song Contest abgemeldet habe. Ob man hier nicht noch einmal verhandeln könne? Mit Blicken auf Italien schilderte sie weitere Beispiele, wie die Freiheit in Europa immer mehr eingeschränkt würden, und wie die Konservativen immer mehr mit den extremen Rechten kooperieren würden.
Als drittes sprach sie die ökologische Transformation der Industrie an: „Grün und Industrie, das passt zusammen wie Arsch auf Eimer!“ Sie komme aus dem Ruhrgebiet, und im Gegensatz zum schönen Emmendingen seien Bottrop oder Gelsenkirchen viel schwieriger zu lieben – das müsse man wollen, und sie liebe den besonderen Charme des Ruhrgebiets. Das Stahlwerk sei ihr zu Hause, und sie als Grüne wolle die Industrie nicht kaputt machen, wie ihr oft vorgeworfen würde, sondern mit grüner Technologie fit machen für die Zukunft. Grüne und Industrie seien zwei Seiten einer Medaille, im Ruhrgebiet genauso wie hier im schönen Baden-Württemberg.
Zum Schluss verglich sie die Europäische Union mit dem Eurovision Song Contest: Der ESC sei zwar ein bisschen glitzernder und aufregender als die EU, aber als Teil eines Friedensprojekts auch sinnbildlich für Europa, sehr bunt und vielfältig, und vereint in der Liebe zur Musik und zu Europa. Sie wünschte sich in diesem Sinn ein gutes Ergebnis für den ESC und ein gutes Ergebnis bei den Europawahlen am 9. Juni, bevor zum Ausklang des Abends in der Steinhalle noch gefeiert und zu Musik von DJ Ango getanzt wurde.