Radikalisierung in der Gesellschaft – eine Gefahr für die Demokratie? Podiumsdiskussion mit Marcel Emmerich MdB

Radikalisierung in der Gesellschaft – eine Gefahr für die Demokratie? Das war das Thema, über welches wir mit dem Bundestagsabgeordneten Marcel Emmerich bei einem Besuch in Emmendingen diskutiert haben.

Bei der Veranstaltung im Emmendinger Haus zum Engel diskutierten Rüdiger Tonojan und Antonia Hübner-Kruzinna vom Kreisvorstand der Grünen mit Marcel Emmerich und interessierten Besucher*innen über aktuelle Fragen zum Thema Radikalisierung. Der Innenpolitiker nannte zunächst Zahlen und Beispiele zu den Gefahren durch radikale Gruppen – beispielsweise eine Rechtsextreme Gruppe, die Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) entführen und für mehrere Zehntausend Euro Waffen, Minen und Schutzausrüstung kaufen wollte. Oft organisierten sich die Gruppen in Chats – als Beispiel dafür nannte er eine Telegram-Gruppe namens „Vereinte Patrioten“.

Auch beim Waffenrecht gibt es laut Emmerich dringenden Handlungsbedarf: Rund 1500 Personen, die nachrichtendienstlich als mutmaßliche Rechtsextremisten eingestuft sind, haben eine waffenrechtliche Erlaubnis. „Dagegen müssen wir vorgehen“, sagte Emmerich, der Berichterstatter für das Thema in der Bundestagsfraktion der Grünen ist. Besorgniserregend nannte der Abgeordnete, dass immer mehr Menschen Gewalt als akzeptable Lösung für politische Probleme betrachteten – was auch mit digitaler Desinformation und dem Vertrauensverlust in klassische Medien und Wissenschaft zusammenhänge: „Die digitale Desinformation verschärft sich von Tag zu Tag“, sagte Emmerich: „Das führt dazu, dass wir von einem gemeinsamen Verständnis der Realität abgekoppelt sind. Menschen driften ab und glauben absurden Youtube-Videos mehr als der Tagesschau.“ Das sei jedoch keine natürliche Entwicklung, sondern habe unter anderem damit zu tun, dass Big-Tech-Plattformen immer öfter entscheiden, woher wir Informationen bekommen – und damit Konflikte zwar nicht verursachten, aber verschärften.

„Dazu kommen gezielte Desinformationskampagnen aus dem Ausland, insbesondere aus Russland und China. Autokratische Staaten nutzen digitale Manipulation als Instrument der Staatsmacht. Dagegen müssen wir Regeln und Standards für Technologieunternehmen setzen, da auch sie Verantwortung gegenüber Gesellschaft haben.“ Als weitere Ansatzpunkte, um Radikalisierung zu bekämpfen, nannte Emmerich beispielsweise die neue Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI) im BKA – und Prävention, beispielsweise durch das Demokratiefördergesetz.

In seinem Schlusswort betonte Rüdiger Tonojan, dass man sich an radikale Tendenzen nicht gewöhnen dürfe. Man müsse aufmerksam sein und im Gespräch bleiben, um Radikalisierungen zu erkennen und den Gefahren begegnen zu können.